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2. Teil
Arex Schatten
Nur die Sterne leuchten als ein großer Drachen im Schatten der samtschwarzen Nacht landet. Die Dunkelheit umhüllt eine kleine zierliche Gestalt, die lautlos vom Rücken des mächtigen Tieres gleitet. Nachdem sie kurz den langen dunklen Mantel enger um die Hüften gezogen hat, geht die Gestalt zielsicher zum Kopf den Drachen und streichelt sanft über dessen Schnauze. Er hebt den Kopf und drückte die Nase sanft unter die Kapuze. Mit einem Küsschen verabschiedet sich die Gestalt und flitzt unter den wachsamen Augen ihres Drachen durch die Nacht zu deiner Haustür. Dort zieht sie ein kleines, aber sorgsam eingepacktes Geschenk aus dem weiten Ärmel. Schnell kontrolliert sie den richtigen Sitz der kurzen Widmung und überfliegt diese nochmal:
Hallo lieber Geschenkeverteiler,
vielen Dank für deine täglichen Aufmerksamkeiten. Dank deines Geschenkes konnte ich unter die Berühmtheiten aufsteigen und bin nun stolzer Besitzer des goldenen Eis. Ich bin dir dafür sehr dankbar und stehe tief in deiner Schuld.
Mit tiefer Dankbarkeit
Arex Schatten
Zufrieden legt die Gestalt das Geschenk sorgsam vor die Tür und huscht von dannen. Wenig später hört man ein leise Raunen und spürt einen leichten Windstoß.
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Fridthjof
Trotz der fast undurchdringlichen Dunkelheit und der tiefen, erhohlsamen Stille, welche sich Nacht für Nacht über Fridthjofsien und nahezu ganz Dragosien legt, hat der Beschenkte plötzlich so ein unbestimmtes Gefühl. Nun, ganz unbestimmt ist es nicht, es ist eindeutig ein schönes Gefühl, ja vielleicht ist es Zufriedenheit oder Glückseligkeit.
Auch wenn es der nächtlichen Besucherin nicht aufgefallen sein mag, so brennt doch noch ein kleines Licht in Fridthjofsien, sodass die Dunkelheit doch nicht ganz tiefschwarz ist. Eine kleine Kerze wirft Licht auf einen Stapel Pergamente, ein Tintenfässchen und eine Feder, einst war sie weiß, doch der häufige Gebrauch lies sie schmutzig werden. Der Herr von Fridthjofsien ist also noch wach.
Und da er dieses seltsame Gefühl hat schleicht sich der junge Mann, noch nicht ganz erwachsen und noch ohne Bart, auf leisen Sohlen zur Tür. Er will die nächtliche Ruhe nicht stören und die übrigen Bewohner Fridthjofsiens nicht wecken, sei es der Dorfschmied oder die Maus im Kornspeicher.
Er stellt die Kerze in eine kleine Laterne aus Glas, um sie vor dem Erlöschen durch einen plötzlchen Luftzug zu schützen. Dann legt er die rechte Hand auf den Türgriff.
Leise, ganz leise will er die Tür öffnen. Ein leises Knarzen ertönt und für einige Augenblicke verharrt er wie eingefroren. Doch es bleibt still im Haus und im Dorf.
Nun zieht er die Tür ganz auf und sieht vor sich ein kleines, aber sorgsam eingepacktes Geschenk vor sich liegen. Der junge Mann schaut dahin, wo der Weg aus das Dorf hinaus führt, obwohl er weiß, dass er ohnehin niemanden in dieser Dunkelheit sehen kann. Ein leises Raunen und ein leichter Windstoß lässt ihn den Kopf heben und in den Himmel schauen. Doch auch dort ist niemand mehr zu sehen, es ist ja schließlich sehr dunkel.
Dann hebt er das kleine, aber sorgsam eingepackte Bündel hoch und betrachtet es. Vielleicht ist eiin Töpchen Honig darin, zumindest glaubt er den süßen Geruch von Blüten und Nektar zu erhaschen, aber er ist sich nicht sicher.
Auf dem Päckchen ist ein Zettel angebracht. Der junge Herr liest was darauf steht und ein Lächeln huscht über sein Gesicht.
Er geht zurück ins Haus, legt das Geschenk erstmal beiseite, er will es erst am nächsten Abend auspacken, und greift nach seinem schweren, braunen Umhang.
Nun sieht man, wie er wieder aus dem Haus tritt, wieder mit der Laterne in der Hand. Er zieht die Tür hinter sich zu und geht los.
In Fridthjofsien liegt kein Schnee mehr, aber umso näher er ArexSchattensien kommt, mso weißer wird die Landschaft.
Schließlich bleibt er vor einem schönen Häuschen stehen, an der Tür steht ein Name: ArexSchatten
Er zieht ein kleines, aber nicht so ordentlich verpacktes Päckchen aus seinem Umhang. Dass es nicht so ordentlich ist, liegt daran, dass er noch nie schön verpacken konnte, aber man sieht, dass er sich Mühe gegeben hat. Er bückt sich und legt es vor die Tür.
Der junge Herr von Fridthjofsien zieht noch etwas aus dem Umhang. Es ist ein Brief in einem Umschlag, sodass wir nicht wissen was darauf steht. Der Umschlag wird neben das Geschenk gelegt und mit einem Stein, etwa halb so groß wie eine Faust, beschwert.
Dann richtet sich der nächtliche Besucher wieder auf, dreht sich um und geht. Er hofft, dass er die Stille nicht durchbricht und läuft leise davon. Die wenigen Spuren, die er im Schnee hinterlässt werden alsbald von neuem Schnee überdeckt, sodass von ihm nichts mehr als ein kleines, aber nicht so ordentlich verpacktes, verschneites Päckchen zurückbleibt.
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Arex Schatten
Es ist weit nach Mitternacht als Arex von ihrer Runde zurückkehrte. Mit einem heftigen Schlag landet Draven auf der Plattform, wo sie vor Stunden gestartet waren. Leise gleitet Arex abermals vom Rücken des erschöpften Drachen und tätschelt ihm die Schnauze. Sie hatten beide einen langen Weg hinter sich und waren froh endlich in ihre wohlverdiente Nachtruhe zu gehen. Beide stapften durch den Schnee zum großen Eingang in den Drachenturm. Während Draven sein Nachtlager aufsuchte – Arex fragte sich immer noch warum er so tat, als wenn er vor hatte dort zu bleiben, denn spätestens morgen früh lag er eh wieder um ihr Bett rum und sabberte im Schlaf ihr Kissen voll – sah Arex noch einmal nach dem Rechten in ihrer Krabbelgruppe. Junge Drachen waren sehr anspruchsvoll. Alles war ruhig und die kleinen lagen wild durcheinander und übereinander in der riesigen Krabbelbox. Arex musste schmunzeln, denn Yanaba kaute gemächlich auf dem Schwanz von Feliszinni rum. Langsam zählte Arex die Bande durch: eins, zwei, drei, vier und … „Fünf“, murmelte Arex verwirrt. Es müssten eigentlich 5 sein. Aber da waren nur 4 Drachenbabys. Langsam spürte die junge Frau wie Panik in ihr Aufstieg. Ein Drachenbaby fehlte. Nach kurzem Umsehen war klar: Rouby war weg. Dieses kleine verflixte Ausbrechergenie – immer musste Arex sie suchen oder sie tauchte an Orten auf an dem es nichts zu suchen hatte. Wie letztens bei dem Dragballspiel, wo sie plötzlich an Arex Mantel geknabberte hatte. Arex bekam einfach nicht raus, wie sie ausbrach. Das Gitter war viel zu hoch für die kleinen um drüber zu kommen und fliegen konnten sie noch nicht. Genervt und besorgt durchsuchte Arex möglichst leise den Drachenturm. Aber keine Spur von Rouby. Jetzt machte sie sich ernsthaft Sorgen. Jetzt blieben nur noch die Räume von Arex. Schnell rannte Arex die breiten Treppen vom Turm zu ihren Zimmern herunter. Alle Türen wurden geöffnet und alle Schränke durchsucht. Dann stürmte sie völlig verzweifelt in ihr Schlafzimmer, wo sie beinahe auf den Schwanz von Draven gestolpert wäre. Wütend funkelte sie ihn an: „Wie der Opa so die Enkelin.“, fauchte sie. Draven legte der Kopf schief und sah sie beunruhigt an, während Arex auf dem Absatz kehrt machte und sich antat, das gesamte Dorf zu wecken und auf den Kopf zu stellen. Rouby war einfach nicht zu finden.
Der Morgen graute bereits als die junge Frau resigniert am Tisch ihrer kleinen Küche saß. Nirgends hatten sie das kleine Drachenmädchen gefunden. Völlig fertig hob Arex den Kopf, als es leise an der Tür klopfte. Nach einem kurzen „Herein.“, trat der Hauptmann der Nachtwache in das kleine Zimmer. Schon beim öffnen der Tür, konnte Arex seine Metfahne riechen und zog angewidert die Nase kraus. Aber wichtiger war, was er zu sagen hatte und deshalb belies die junge Herrin es vorerst bei einem miesmutigen Blick. Sie nahm sich aber vor, ihn gebührend zu rügen. „Tut mir leid. Aber wir konnten das Drachenbaby nirgends finden.“ Der Mann gab sich sichtlich Mühe nicht zu lallen. „Ich habe mit allen Wachen gesprochen. Sie versichern mir, dass nichts und niemand Dorf verlassen hat.“ Er stand stramm und machte einen gewichtigen Eindruck. Langsam stand Arex auf. „Dann sucht verdammt nochmal das Dorf ab. Dreht jeden Stein um und …“ Sie brach ab, denn plötzlich erregte etwas in den Armen des Hauptmannes ihre Aufmerksamkeit. „Was ist das“, fragte sie barsch. Verdattert sah der Hauptmann an sich herab und als er das Päckchen gewahrte, erhellte sich sein Blick. „Oh – das Päckchen. Das habe ich an eurer Türschwelle gefunden. Es war fast eingeschneit.“ Er hielt es ihr freudestrahlend hin, lies aber sofort die Arme wieder sinken, als er Arex Blick sah. „Blödmann!“, entfuhr es der aufgebrachten Frau, „… von wegen hier ist nichts rein oder rausgekommen!“ Erst jetzt wurde dem Mann klar, dass er gerade den Beweis für seine Unfähigkeit und der seiner Leute in den Händen hielt. Schnell reichte er das Päckchen zusammen mit einem Brief seiner Herrin und rührte sich keinen Millimeter mehr. Arex überflog nur die Zeilen an dem Päckchen. Jetzt wusste sie, wo sie hin musste. Vielleicht würde sie ja in Fridthjofsien ihr verschollenes Drachenbaby finden.
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Fridthjof
Der junge Mann hatte den Weg aus ArexSchattesien schon lange hinter sich gebracht.
Er war durch den dicken Schnee und die dunkle Nacht gestapft. Zu allem Unglück war schon nach einem Drittel des Rückweges die ohnehin schon kleine Kerze erloschen. Er hatte auch keine dabei, normalerweise war in der rechten Manteltasche immer eine Zweitkerze, aber er hatte wohl vergessen für Nachschub zu sorgen seit er das letzte Mal eine gebraucht hatte. Die Nacht war dunkel und er war auf seine übrigen Sinne angewiesen. Kurzzeitig hatte er überlegt, umzukehren und in ArexSchattesien sich eine zu leihen, er würde sie ja bei dem nächsten Besuch ersetzen. Aber andererseits wollte er zu solch später Stunde nicht die Stille stören und die Dorfbewohner um ihren wohl verdienten Schlaf bringen. Den Weg würde er schon irgendwie durch die Dunkelheit finden.
Der Herr von Fridthjofsien war nur wenige hundert Schritte weiter gegangen, nachdem die Kerze ausgegangen war, da hörte er hinter sich ein Scharren und Schleifen. Da war etwas hinter ihm, aber er wusste nicht was. Zwar sind die meisten Tiere in Dragosien friedfertig, aber Ausnahmen bestätigen nun mal die Regel. Und da in der Nacht alle Katzen grau sind, wollte es der junge Mann nicht drauf ankommen lassen und beeilte sich schneller vorwärts zu kommen. Das Scharren und Schlurfen blieb. Er achtete auf die Geräusche hinter sich. Was auch immer es war, es konnte nicht sehr groß sein, aber es war andererseits auch nicht sehr klein. Das schlimmste was er in der Nacht treffen konnte wäre ein wilder Drache auf Beutezug. Aber das Wesen hinter ihm war zu klein um ein ausgewachsener Drache zu sein, welcher Art auch immer. Vielleicht war es ein junger Bär oder ein anderes größeres Tier.
Der junge Mann aus Fridthjofsien kramte, während er lief in seinen Manteltaschen, auf der Suche nach etwas, womit er die Kreatur ablenken konnte. Ein Kanten Brot und zwei Früchte waren sein Reiseproviant, die er möglichst weit nach hinten über die Schulter warf. Er lief weiter und hörte wie hinter sich in Schmatzen erklang, das Tier hatte die Verfolgung aufgegeben. Allerdings war das nur eine Frage der Zeit, denn nun wusste sein Verfolger, dass er Essen dabei hatte. Wahrscheinlich würde ihm sein ungebetener Begleiter aber nicht schnurstracks folgen, sondern mit einigen Umwegen zu anderen Nahrungsquellen und Wasserläufen gemächlich seiner Spur folgen. Und dann würde das unbekannte Wesen einige Tage später an der Dorfpforte stehen und Essen verlangen.
Aber Essen verlangte fast jeder, der im Dorf ankam. Und in Fridthjofsien bekam das auch fast jeder, ob der Besucher nun menschlich, koboldisch, feeisch, drachisch, oder anderer Gestalt war.
Und daher vergaß der junge Mann auch bald das Ereignis dieser Nacht.
Der gewöhnliche Alltag in Fridthjofsien geht weiter: Gebäude müssen ausgebaut und renoviert werden. Geschenke werden freudestrahlend angenommen, neue werden gepackt und selber weggebracht, wenn Zeit ist oder einem vertrauenswürdigem Händler mitgegeben, wenn der junge Herr von Fridthjofsien keine Zeit hat. Güter werden verkauft und manchmal auch eingekauft und wenn abends noch Zeit ist, geht er noch mit Freunden würfeln oder Wortketten bilden.
Und so hat der junge Mann, wie erwähnt, das nächtliche Ereignis schnell vergessen.
Bis die Sonne ein weiteres Mal über dem kleinen, bescheidenen Dörfchen aufgeht. Denn da ertönt, kaum das der junge Mann aus dem Bett gefallen ist und seine alltägliche Arbeit beginnt, vom Tor ein lautes Klopfen. Aber wer da klopft weiß er noch nicht, darum eilt er schnell dahin um zu öffnen.
Aber wahrscheinlich ist es sein nächtlicher Verfolger, der ihn vor kurzem begleitet hat, oder es ist eine aufgeregte junge Frau, die jemanden oder etwas vermisst. Um es herauszufinden öffnet der junge Herr aus Fridthjofsien nun das Tor. Und vor ihm steht..
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Arex Schatten
… ein riesiger wutschnaubender Drache. Arex sah zu wie die Farbe aus dem Gesicht des jungen Mannes wich, als Draven sich auf die Hinterläufe erhob und einen riesige Feuerfontäne ausspieh. Dann lies sich der Drachen wieder auf die Vorderläufe fallen, so dass sich seine scharfen Krallen tief in den Boden bohrten und knurrte der Besitzer des kleinen Dörfchens bedrohlich an. Diesen Anblick lies Arex etwas wirken bevor sie vor den Drachen trat und damit in das Blickfeld des jungen Mannes trat. „Wo ist mein Drachen?“, fragte sie barsch, noch bevor sich die Verwirrung legen konnte. Verdattert hob der Mann die Hand und zeigte auf Draven. „Nicht den!“, fauchte die junge Frau und musste sich ein Lächeln verkneifen. Sie nutzte etwas die Zeit, in der er nach einer Antwort suchte und besah sich ihr Gegenüber etwas genauer. Er war definitiv jünger als Arex und schien gerade erst aus dem Bett gekrochen zu sein. Seine Haare waren wild und seine Kleidung ungeordnet. Und Arex bedauerte etwas, dass sie so wild aussah. Sie hatte seit fast 2 Tagen nicht geschlafen und war auf allen Vieren durch den Drachenturm gerobbt, um Rouby zu suchen. Nachdem ihr Hauptmann der Nachtwache das kleine Geschenk auf der Türschwelle gefunden hatte, war Hektik in ihrem Dörfchen ausgebrochen. Arex war in ihr Zimmer gestürmt und hatte sich ihre Weste übergezogen. Beim zuschnüren, musste sie feststellen, dass wohl die Pizza-Esswettbewerbe mit Eisphoenix und die Met-Saufgelage bei den Turnierspielen bei den Narren ihrer Figur nicht gut getan hatten. Das hob ihre Laune nicht gerade. Mit einigen wütend ausgestoßenen Flüchen, griff sie ihre Arm- und Schienbeinschoner, kramte ihre zwei Zwillingsschwerter und die Kampfmesser heraus. Sorgsam legte sie alles auf Bett und sah aus den Augenwinkeln wie ihr Hauptmann einen langen Hals machte, um einen Blick in ihr Zimmer zu erhaschen. Es war mit Sicherheit schon lange kein Mann mehr in diesem Zimmer gewesen. Wer wollte auch schon das Bett mit einer schätzungsweise 4 Tonnen wiegenden, sabbernden Echse teilen. Davon ab, hatte Arex viel zu viel zu tun, um an sowas zu denken. Wenn sie nicht die Drachen bespaßte, kümmerte sie sich um ihre Freunde aus der Gilde, verteilte Geschenke, ging zu den Turnieren und pflegte Freundschaften, machte Zuchtpläne für Drachen und sorgte dafür, das alle Gildenmitglieder auf den neuesten Stand gebracht wurden. Selbst im Bett sah sie Informationen über Spiele von gegnerischen Mannschaften durch und passte die Aufstellungen ihrer eigenen Mannschaften der der Gegner an. Da war kein Platz für einen Mann. Jetzt bedauerte sie etwas, dass sie sich vorher frisch gemacht hatte und sofort in Richtung ihrer Freundin Zimmbala aufgebrochen war. Ihr wollte sie ihre Drachen anvertrauen, während Arex und Draven auf der Suche nach Rouby war. Zimmbala machte sich sofort auf, bat sie aber noch vorher Eisphoenix mitzunehmen. Er wäre einem kleinen Abendteuer sicher nicht abgeneigt und würde auch Schutz bieten. Aber es war schon spät und der Weg in sein Dorf war weit und Arex wollte keine weitere Zeit verlieren. So machte sie sich in den späten Abendstunden auf nach Fridthjofsien und stand nun in aller Herrgottsfrühe vor dem Tor und sah einem jungen Mann ins Gesicht, der nicht wusste ob er erstaunt, ängstlich oder verwirrt sein sollte. Langsam wiederholte Arex die Frage: „Wo ist mein Drachen?“
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Fridthjof
„Manche Tage fangen einfach nur beschissen an“ dachte sich Fridthjof, der junge Herr von Fridthjofsien „und andere Tage werden einem gründlich vermiest“.
Er war gerade aus dem Bett gestiegen und gefrühstückt und wollte dann bei den Holzfällern helfen. Da gab es zusätzlich auch noch Probleme mit fehlenden Äxten, weil die Werkzeugschmiede nicht schnell genug nach produzierten. Und daher fehlte dem Sägewerk Holz für die Bretter, welcher er dringend für Renovierungsarbeiten benötigte. Aber das alles war Alltag und so etwas brachte den jungen Mann nicht aus der Ruhe. Das Wetter war gut und der Tag hätte gut werden können. Hätte...
Aber es gibt nun mal Tage, an denen es anders läuft als man es gerne hätte.
Und heute ist nun mal so ein Tag dachte sich Fridthjof als er das Tor zum Dorf öffnete. Als es klopfte war er zum Öffnen hingegangen. Vielleicht wäre es ja ein Wanderer irgendeiner dragosischen Rasse, also Mensch, Kobold, Fee, oder auch ein Tier wie ein Drache.
Und um das herauszufinden hatte er das Tor geöffnet und damit war der Tag vermiest.
Vor ihm steht ein Drache und auf diesem sitzt eine junge Frau. Wer von beiden ärgerlicher aussieht vermag der junge Mann am Tor nicht zu sagen, jedenfalls sind beide wirklich sauer.
Als Dragosier kennt er natürlich Drachen und er kennt auch Personen denen anscheinend eine Laus über die Leber gelaufen ist, daher hält sich sein Schrecken eher in Grenzen. Er ist jetzt vorallem überrascht was die beiden vor seinem Tor wollen und er ist ziemlich angefressen, dass er sich wegen so einem Duo den Tag versauen lassen muss.
Was die beiden wollen macht die junge Frau allzubald deutlich: „Wo ist mein Drachen?“ gab sie von sich. Dieses Geräusch hätte genauso gut ihr Drache machen können: eine Mischung aus Fauchen, Keifen und Brüllen.
Nach der ersten Phase des Erstaunens und der Verwirrung fasst Fridthjof sich wieder. Aber da kommt es schon wieder: „Wo ist mein Drachen?“ Gerade will er den Mund öffnen um was zu sagen, da schlägt es ihm schon wieder entgegen, diesmal gefährlich langsam: „Wo ist mein Drachen?“ diesmal verbunden mit einem Schnauben des Drachens und einer stinkenden Rauchwolke.
Und das macht den jungen Mann dann auch wütend: „Hallo Arex“ ist das erste was er sagt, ebenfalls sehr langsam und sehr sarkastisch, schließlich will man doch einen netten Umgangston pflegen. „Was soll man denn da antworten, auf so eine äußerst präzise Frage? Vielleicht, dass du auf ihm sitzt? Oder dass ein anderer von den zig Drachen vermutlich bei dir im Turm hockt?“ Dass es äußerst dumm ist eine wütende Person mit Drachen zu provozieren merkt er sofort: Seine Lederstiefel fangen an zu schmoren, werden aber nach einem kurzen erschrockenen Satz nach hinten im Weiher neben ihm gelöscht. Und in diesem Tümpel bleibt Fridthjof vorsichtshalber auch stehen, als der Drache nachrückt. Und da er immer noch in Rage ist, findet er auch schnell seine Sprache wieder und brüllt: „Vielleicht will Madame ja mal absteigen und einiges erklären!?“
Und das tut Arex dann auch, aber ihre Wut ist nicht geringer als zuvor. Beide „Gäste“ kommen seinem Gesicht ziemlich nahe und ArexSchatten sagt es nochmal „Wo-mein-Drachen-ist-will-ich-wissen! Die Rouby, du Trottel!“ Fridthjof zieht den Kopf ein Stück nach hinten um dem beißenden Drachenatem zu entgehen, was aber kaum hilft. „Schön, dass du mal konkreter wirst, liebe Arex!“ kontert er, wieder voller Sarkasmus. „Du kannst doch gewiss erklären, woher ich das wissen soll, ich kenn' von all deinen Drachen doch nur das Biest, was mich gerade die ganze Zeit zuqualmt!“
Was ihm eine noch beißendere Qualmwolke entgegen bringt und ein Gesichtsausdruck von Arex, der schwer zu deuten ist. Zum einen hat er soeben einen ihrer Lieblinge als „Biest“ tituliert und zum anderen ist er gerade ziemlich unvorsichtig und großmäulig gegenüber einer ziemlich zornigen Drachenbesitzerin. Aber dann ist da schließlich noch ein Funken von Ruhe und Sanftheit, da der Besucherin soeben langsam klar wird, dass ihr Opfer mit dem letzten Satz nicht ganz Unrecht hat.
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ArexSchatten
Langsam verlies Arex der Mut. Fridthjof war ihre letzte Hoffnung gewesen. Wo sollte sie nur Rouby suchen? Wenn sie noch in der Nähe von ihrer Stadt wäre, dann hätte sie keine Chance gehabt. Drachen vertrugen die Kälte nicht so gut und so durften Arex Drachenbabys nur kurz raus. Selbst bei den erwachsenen Drachen achtete Arex drauf, dass sie nicht auskühlten. Aber ein Drachenbaby hatte keine Möglichkeit bei der Kälte zwei Tage alleine zu überleben. Sie hatte so sehr gehofft, dass Fridthjof sie mitgenommen hatte oder sie ihm gefolgt war. Dann würde sie leben und Arex hätte alles getan, um sie wieder zu bekommen. Aber nach so langer Zeit in der Wildness ohne Schnee und Eiseskälte, schwanden Roubys Überlebenschancen rapide. Rouby war clever und erfindungsreich, aber sie war auch neugierig und kannte keine Angst. Sie würde in ihrem Hunger alles anknabbern und sich auch an wilde Tiere herantrauen, die einem Drachenbaby durchaus gefährlich werden konnten.
Arex sah ihren Gegenüber misstrauisch an. Aber das Gefühl, dass sie bisher unterdrückt hatte wurde immer mehr zur Gewissheit. Er hatte ihr kleines grünes Monster nicht. Draven hob den Kopf und hielt seine Nüstern in den Wind, aber auch er konnte seine Enkelin nicht riechen. Dafür stieg ihm der Duft von etwas essbaren in die Nase und sein Magen knurrte so heftig, dass seine Schuppen leise aneinander rieben. Er legte sich ab und Arex wusste, dass er schon viel zu lange nichts zu fressen bekommen hatte. Arex Hand wanderte zielstrebig in ihren Rucksack und kramte das letzte Stückchen Fleisch und Obst heraus und legte es auf die zitternde Zunge des Drachen. Das war nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein, aber mehr hatte sie nicht. Ihre Blicken wanderten eine Weile ziellos umher, bis sie wieder den jungen Mann fixierten. Es hatte keinen Zweck hier länger zu verweilen und dieses Dorf in Aufruhr zu versetzen. Sie senkte den Kopf: „Mein Überfall tut mir sehr leid. Sie waren meine letzte Chance mein Drachenbaby lebend wiederzufinden. Ich bitte um Verzeihung.“ Mut- und kraftlos wendete sie sich Draven zu. Sie klopfte ihm auf die Schultern und deutete ihm, ihr zu folgen. Langsam schritt sie mit hängenden Schultern auf das Tor zu. Ein Scharren und Schleifen war zu hören, als Draven ihr folgte. Es war das typische Geräusch, welches Drachen beim schwerfälligen Laufen machten. Die junge Frau kannte das Geräusch nur allzu gut aber Fridthjof machte ein Geräusch, dass Arex innehalten lies.
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Fridthjof
Fridthjof hatte nach einiger Zeit an Arex Blick bemerkt, dass sie nicht wütend sondern ängstlich war. Und nun war diese Fassade des Zorns zerbröckelt und kurz darauf eingestürzt. Und auch Fridthjofs Wut war eigentlich nur eine Fassade gewesen. Denn wenn er eines hasst, dann war und ist es, wenn er sich einer anderen Person widerspruchslos unterordnen soll und daher hatte er zuvor Arex die Stirn bieten wollen.
Aber so, wie er vorhin Arex Wut auf sich selbst übertragen hatte, so spiegelt sich nun auch Arex Sorge in seinem Gesicht und obwohl es sich bei Draven anscheinend um einen älteren Drachen handelt, zeigt das Gesicht nicht Alter sondern ebenfalls Angst und Trauer. Langsam folgt der junge Herr ihnen zum Tor.
Aber er weiß nun worum es Arex geht: Sie sorgt sich extrem um ein seit einigen Tagen entschwundenes Drachenbaby namens „Rouby“ und auch Fridthjof bekommt Mitleid mit Arex und auch mit dem armen kleinen Drachenmädchen, welchess er doch eigentlich garnicht kennt.
Dieses Schmatzgeräusch von vorhin hatte den jungen Mann bereits an etwas erinnert, aber er wusste nicht so recht, woran. Vielleicht waren es die Töne, die die alte Mutter von seinem Holzfällermeister machte wenn sie ihr Brot in die Suppe getunkt hatte und dann in ihren zahnlosen Mund schob, oder die Geräusche, die der kleine Sohn seines Schmiedes immer dann machte, wenn er seinen Brei mampfte.
Aber dann trottet Draven, den er eben noch als qualmendes „Biest“ tituliert hatte, todtraurig hinter einer genauso todtraurigen ArexSchatten hinterher. Dieses Scharren und Schleifen, Scharren und Schleifen... Irgendetwas ist da, irgendwo in seinem Kopf, hinter einer Wand aus Nebel. Aus Nebel? Nein hinter einer Wand aus wirbelnden, tanzenden Schneeflocken. Aber ein richtiges Bild hat der junge Mann immer noch nicht im Kopf.
Plötzlich weiß er es wieder: Das Bild ist bereits da, es ist die Wand aus Schneeflocken und dieses Geräusch, dieses Geräusch ist direkt... Hinter ihm! Er wirbelt auf dem Stiefelabsatz herum, beziehungsweise auf dem, was nach der kleinen Flammenattacke noch davon übrig ist. Hinter ihm ist jedoch nur der Weg, der zurück zu seinem Häuschen führt. Er war wohl ziemlich in seinen Gedanken versunken, aber das wäre sicher nicht das erste Mal, sowas passiert dem jungen Herrn von Fridthjofsien andauernd.
Aber er ist nicht der einzige der herumgewirbelt ist: Auch Arex steht plötzlich mit dem Rücken zu dem Tor, durch das sie eigentlich gehen wollte. Nur Draven steht immer noch mit tiefhängendem Kopf in Richtung Dorfausgang.
„Kommt“ sagt Fridthjof nur kurzsilbig und führt seine Gäste, die ihm vorhin noch unerwünscht erschienen, zielstrebig in Richtung Haus. ArexSchatten folgt ihm nach kurzem Zögern und auch das Scharren und Schleifen, das ein schwerfälliger Drache beim Laufen macht, ertönt wieder.
Er wärmt beiden etwas Met auf, nicht weil er Alkohol als Trostpflaster ansehen würde, sondern weil er in geringen Mengen doch von innen wärmt, was die beiden nassen und durchfrorenen Reisenden bitter nötig haben. Andererseits fallen für einen ausgewachsenen Drachen wie Draven „geringe Mengen“ doch ziemlich hoch aus, sodass die Vorratskammer von Fridtjofsien um neun Liter Honigwein ärmer wird. „Tut mir leid, aber ich habe keinen Kaffee da“ sagt der junge Gastgeber, und selbst Arex Augen funkeln kurz belustigt auf. „Ich werde uns trockene, saubere Sachen holen, dann können wir bald aufbrechen, ich weiß wo wir findig werden könnten. Trinkt aber in Ruhe aus und hetzt euch nicht, dann wirkt alles nur noch schlimmer. Erzähl mir lieber in Ruhe von deinen Drachen oder mach was anderes, was dir nicht noch den Rest deiner Kräfte raubt. Aber ruh' dich bitte aus.“ Fridthjof sieht, dass Arex zwar eigentlich nicht warten will, aber sie war tagelang voller Sorge wach und ohne Schlaf, man sieht es an ihren Augen. Und selbst eine willensstarke und zähe Person kann sich so etwas auf Dauer nicht erlauben, es schwächt zu sehr und das macht dem jungen Mann ernsthafte Sorgen. ArexSchatten sollte sich jetzt wirklich etwas Ruhe gönnen.
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Arex Schatten
Irgendetwas schien den jungen Mann eingefallen zu sein. Unschlüssig folgte Arex ihm in sein Haus. Eigentlich war sie in Eile. Jede Minute konnte über das Leben oder den Tod von Rouby entscheiden – falls sie überhaupt noch lebt. Diesen Gedanken vergrub die junge Frau schnell wieder tief in ihrem inneren. Aber sie wusste eh nicht, wo sie suchen sollte, also folgte sie ihm einfach. Wortlos griff Arex nach dem Met und wärmte sich die Finger daran. Aus dem Augenwinkel sah Arex wie Draven tief seine Nase in den heißen Met senkt und einmal tief einatmete. Ihre Gedanken gingen schwer, sonst hätte sie früher aufgeschrien. So hatte Draven das Fass schon leer als Arex aufsprang. Drachen vertrugen doch kein Alkohol. Fliegen war damit wohl gestrichen.
Seufzend wand sie sich ihren Gastgeber zu, der wild in Schränken und Truhen wühlte. „Wo meint ihr, dass wir Rouby finden könnten?“ Ohne aufzusehen oder innezuhalten, erzählte er ihr schnell an was er sich erinnerte. Entsetzen stieg in Arex empor. Er war auf dem direkten Weg zwischen ihrer Stadt und seiner durch das Gebirge gewandert. Er war sich nicht im Geringsten bewusst, wie gefährlich das war. Er musste verdammt viel Glück gehabt haben, denn in dem Gebirge hatte sich ein riesiger wilder Drachen verborgen. Arex machte beim Geschenke verteilen immer einen großen Bogen. Sie hatte den Drachen noch nie gesehen, aber genug gehört. Draußen hörte Arex ein dumpfes Geräusch, gefolgt von einem langen Rülpser. Plötzlich war Arex froh, dass Draven sich am Met verköstigt hatte. Sie konnten ihn nicht mit ins Gebirge nehmen. Ein anderer erwachsener Drachen würde ihn aus weiter Entfernung wittern können. Sie hatten bessere Chancen Rouby im Gebirge zu finden, wenn sie zu Fuß unterwegs werden. Freiwillig würde Draven aber nicht hier bleiben. Dank der großen Portion Met, musste sie sich aber darüber keine Sorgen machen. Als gute Drachentrainerin wusste Arex, was vor der Tür auf sie wartete. Aber Fridthjof und machte große Augen, als er vor seine Tür trat. Vor seiner bescheidenen Hütte lag ein ausgewachsener Drachenbulle auf dem Rücken und grunzte friedlich. Er gab ein wirklich zu komisches Bild ab, wie er alle Viere von sich streckte und die Zunge seitwärts ihm aus dem Maul hing. Ein Schmunzeln erschien auf dem Gesicht von Arex. Unter den verwunderte Blicken des jungen Mannes rollte Arex mit großer Anstrengung Draven auf den Bauch und damit auf die Pfoten. Schnell kontrollierte sie, ob es sich nicht eines seiner Gliedmaßen oder den Schwanz abklemmte und drückte die feuchte Zunge ins Maul zurück. So sollte er seinen Rausch gut ausschlafen können.
Dann wand sie sich wieder Fridthjof zu und deutete ihm jetzt ihr den Ort zu zeigen, wo er vermutlich Rouby das letzte Mal bemerkt hatte. Er sah von Arex auf ein paar trockene Kleidungsstücke, die er auf den Armen trug. „Dafür ist keine Zeit.“, meinte Arex knapp und wand sich dem Haupttor von Fridthjofsien zu. Mit Sorgenfalten auf der Stirn blickte sie auf das entfernte Gebirge. Sie würden schätzungsweise 1-2 Stunden benötigen und so verfiel Arex von schnellem Gehen in langsames Laufen. Schnell sollte sie merken, dass die schweren Lederklamotten nicht für einen Ausdauerlauf geeignet waren.
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Fridthjof
Die Tore Fridthjofsiens sind längst in der Ferne verschwunden und es ist auch kein anderes Dorf mehr zu sehen, als ArexSchatten und Fridthjof das erste Mal seit Verlassen des Dorfes wieder reden.
„Verdammte Lederklamotten“ flucht Arex halblaut vor sich hin. Sie ist zwar verschwitzt, aber sie wird nicht langsamer. „Da hinten, nach der Waldgrenze, geht es etwas hügelabwärts“ sagt Fridthjof, „und der Hügel ist mit verlassenen Kaninchen-, Kobold- und Wiesentrollhöhlen durchsetzt. Da könnt Ihr Euer Zeug verstecken und später wieder abholen.“ Einige Zeit verstreicht, dann fügt er hinzu: „Sofern nicht dochnoch irgendein Wiesentroll dummerweise einziehen sollte, was aber unwahrscheinlich ist.“ „So besonders ist das Zeug nicht“ antwortet Arex „notfalls muss ich mir eben neue Sachen auf dem Markt kaufen.“
Zehn Minuten später erreichen die beiden Reisenden die Waldgrenze und somit auch den höhlendurchsetzten Hügel. Dort sucht Frithjof ein Versteck für Arex's Sachen., während Arex mit einem eng geschnürten Bündel Kleidung in dem Dickicht des Waldes verschwindet. Aber schon bald kommt sie wieder, diesmal hat sie jedoch stabile, warme und doch leichtere Kleidung an und trägt ihre Lederklamotten unter dem Arm. „Was ist das für ein Stoff?“ „Die Kleidung ist von meinem Urgroßvater“ antwortet Fridthjof „er war Abenteurer und Forscher. Er wollte alle Tier- und Pflanzenrassen Dragosiens erforschen und seine Entdeckungen in einem Buch festhalten. Er verbrachte neun Jahre bei den Waldelben von Südwestdragosien und diese hatten ihm die Kleidung gegeben, die Ihr jetzt tragt. Es ist ein Webstoff aus verschiedensten Pflanzenfasern und trotzdem ist es weich und angenehm. Die Kunst das zu weben kennen nur diese Waldelben. Jedenfalls ist das Zeug vollkommen reißfest, es scheuert nicht und man schwitzt oder friert darin nicht. Nur vor Feuer und Stahl schützt es seinen Träger nicht. Aber der Zauber der Elben wirke darin fort, jedenfalls soll mein Urgroßvater es so gesagt haben. Und das der Träger dieses Gewandes den Zauber für sich selbst finden müsse.“
Arex scheint dieses Gewebe sehr zu gefallen und zu faszinieren, dennoch macht sie ein bekümmertes Gesicht: „Als ich im Wald war, da war nichts. Da war garnichts. Kein Vogel sang sein Lied, keine Grille zirpte ihre Geschichten und weder Reh noch Igel kreuzten meinen Pfad. Von den seltenen dragosischen Arten wie den Elfen oder den Baumgeistern ganz zu schweigen.“
Ihr junger Begleiter schaut nachdenklich; scheinbar völlig abwesend verliert sich sein Blick in den Weiten des klaren, azurblauen Himmels. Langsam richtet er seinen Blick wieder auf seine Gefährtin. „Wenn ich so darüber nachdenke: Schon einige dutzend Meilen hinter den Pforten meines Dörfchens erklang kein Ton mehr, außer das Stampfen unserer Stiefel. All dies ist äußerst ungewöhnlich, Ihr habt Recht.“
Dann zeigt er auf eine kleine Vertiefung im Boden: „Die Höhle ist größer als sie aussieht und unbewohnt. Wenn Ihr wollt, könnt Ihr Eure Sachen jetzt darin verstecken. Ich werde sie jedenfalls nicht tragen. Und auch Euch würden sie auf Dauer nur belästigen.“
Arex rollt die Sachen einigermaßen achtlos zusammen, nachdem sie sich vergewissert hat, dass sie den Taschen alle wichtigen Dinge entnommen hatte. „Ich würde die Stelle gerne wiederfinden können.“ gibt sie zu bedenken. Beide Reisenden entschließen sich letztendlich einen der großen Findlinge, die hier in großen Mengen liegen, auf den Höhleneingang zu rollen. Der Findling hat entfernte Ähnlichkeiten mit einem Wiesentroll, der seine Knie an die Brust gezogen hat, aber vielleicht spielt die Phantasie den beiden Weggefährten nur einen Streich.
Nach dieser Arbeit folgen beide wieder ihrem einmal eingeschlagenen Pfad. „Sagt, habt ihr den keine Waffen bei Euch?“ fragt die Frau ihren Gefährten leicht verwundert, wobei sie auf ihre eigenen Zwillingsschwerter deutet. „Euer einziger Schutz scheinen mir eure massiven Lederstulpen und hohen Kampfstiefel zu sein.“ Fridthjof lächelt leicht. „So manches liegt im Verborgenen und wartet nur auf seine rechte Zeit, mag sie auch noch weit entfernt sein...“
Schweigend sinniert Arex über diese Antwort, während beide Reisenden unermüdlich den schier endlosen Hügelabhang heruntergehen. Und auch der junge Dragosier Fridthjof marschiert stillschweigend und scheinbar im Geiste versunken seinen unsichtbaren Pfad entlang, als unter den Füßen von ArexSchatten urplötzlich der Boden nachgibt und sie tief in eine der zahllosen Höhlensysteme dieses geheimnisvollen Hügels stürzt.
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ArexSchatten
Immer noch mit dem seltsamen Stoff beschäftigt, bemerkte Arex zu spät, dass der Boden unter ihrem Gewicht nachgab und sie fiel. Das war für einen Drachenreiter keine ungewöhnliche Situation. Von einem Drachen zu fallen, kam gar nicht so selten vor. Wenn man da den Kopf verlor, war man dem Tod sehr nah. Aus großen Höhen konnte man nur hoffen, dass der Drachen schneller war und einen wieder auffing. Aber die meisten Stürze ereigneten sich eher beim Starten oder beim Landen eines Drachen. Wenn das oft genug geschah, dann lernte man wie man fiel, sich abrollte und heil wieder aufstand. Aber gerade als Arex ihre Drehung vollenden wollte, traf sie etwas Schweres und sie schlug so hart auf dem Boden auf, dass ihr die Luft aus den Lungen gepresst wurde. Ihr wurde schwarz vor Augen und fast hätte sie das Bewusstsein verloren. Aber der aufgewirbelte Staub stach so erbärmlich in Mund, Nase und Augen, das sie hilflos nach Luft rang. Tränen schossen ihr in die Augen und es dauerte eine Weile bis sich der Schleier vor ihren Augen lichtete und sie wieder zu Luft kam. In ihrer Wut fragte sie knurrend ihren jungen Begleiter, ob er weich gelandet wäre. Natürlich konnte der junge Mann nichts dafür. Schließlich war sie es die unaufmerksam war und dadurch den Sturz verursacht hatte. Ihre eigene Unachtsamkeit ärgerte sie und die missmutige Frau musste aufpassen, dass sie es nicht an dem unschuldigen jungen Mann auslies. Mit ein paar unverständlich ausgestoßenen Flüchen rappelte sie sich wieder auf. Langsam dehnte und streckte sie sich. Zum Glück war ihr weiter nichts passiert. Aber plötzlich vermisste sie ihre schwere Lederkleidung. Sie mochte nicht so bequem sein, aber sie war definitiv robuster und vor allem durch die Steifigkeit auch stoßfester. Kritisch besah sie Fridthjof als sie sich selber den Staub von der Kleidung klopfte. Auch er schien keine Verletzungen erlitten zu haben. Langsam legte sich der Staub, den die beiden durch ihren Sturz verursacht hatten und Arex konnten einen Blick auf die Umgebung werfen. Viel war in dem Zwielicht nicht zu erkennen. Sie waren in eine Höhle gestürzt, die nicht natürlichen Ursprungs war. Sie war nahezu kreisrund und die Wände gingen steil ca 6 Meter nach oben. Durch das Loch in der Decke fiel fahl das Tageslicht. Langsam schritt sie auf die Wand zu und legte ihre Hand drauf. Sie war kalt und ohne Weiteres würde man an ihr nicht empor klettern können. Sie drehte sich um und sah in der gegenüberliegenden Wand die Eingänge von zwei Tunneln. Ihr Blick fiel auf ihren Begleiter, der unschlüssig die Achseln zuckte. „Den rechten oder linken Tunnel?“, fragte er. Gerade als Arex antworten wollte, sah sie aus dem Augenwinkel eine Schatten oben am Loch huschen. Sie waren nicht alleine. Und ihr Gefühl sagte ihr, dass nicht nur dort oben jemand oder etwas auf sie lauerte. Frage war nur, ob sie den schweren Aufstieg an der Wand wagen sollten oder doch lieber ihr Glück in den dunklen Tunneln versuchen wollten.
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Fridthjof
Ein Kichern ertönt und Fridthjof folgt dem Blick seiner Begleiterin. Doch nur der Schatten ist zu erahnen. Wieder ertönt ein Kichern, ein Kichern wie beide Reisenden es noch nie gehört haben und es eigentlich nie hören wollen. Es ist eindeutig nicht menschlich oder irgendeiner anderen bekannten Rasse aus Dragosien zuzuordnen. Arex und Fridthjof sehen sich verwirrt und beängstigt an und jeder spürt wie es kalt wird. Aber es liegt nicht an der Umgebungstemperatur.
Nochmal ertönt jenes Kichern und dann ertönt noch eines, was von einer anderen Seite der Höhle beantwortet wird. Das eine Kichern klingt unangenehm schrill, ein anderes dämonisch tief, ein weiteres fast wie das Meckern eines Ziegenbocks, noch ein anderes heiser und bedrohlich, wiederum ein anderes klingt wie das Schaben mehrerer Steine aufeinander, eines grollt wie eine Lawine, die einen Berg herab kommt, eines ertönt so gebrechlich und trocken wie altes Pergament, noch eines wie eine kaputte Geige, weiterhin ist eines so dumpf, als ob es tief aus einem Schacht erklänge. Zischen, Kreischen, Grölen, Kläffen, Seufzen, Klingeln, Stöhnen, Husten, Flüstern, Heulen, Summen, Knirschen, Bellen, Zirpen, Grollen, Krächzen, Gurgeln, Hecheln und noch viele weitere Tonlagen schmerzen in den Ohren der beiden gestürzten Wanderer. Die ganze Höhle wurde erfüllt von unangenehmen Lauten, jeder dieser schier unendlichen Töne ist individuell und auf seine Art und Weise schrecklich. Aber alles was die beiden Wanderer sehen, ist dieser huschende, rastlose Schatten an der Decke der Höhle. Es ist nicht zu erahnen ob all die Stimmen das Echo des ersten Kicherns sind, welches sich nach jedem Mal verzerrt und verformt oder ob viele unbekannte Wesen sie beobachten und lachen.
„Wohin sollen wir gehen? Rechts oder links?“ fragt Fridthjof seine Begleiterin erneut und hebt seine Stimme an um sich gegen diesen penetranten Geräuschteppich durchzusetzen. „Egal, bloß weg!“ ruft Arex zurück und stürmt auf den nächstbesten Tunnel zu. Es ist der linke. Plötzlich verstummen die Stimmen und alles was übrig bleibt ist ein tiefes rasselndes Atmen. Sowohl die junge Frau als auch ihr Begleiter, der ihr direkt gefolgt war, stolpern fast, so abrupt bleiben sie stehen.
„Diesen Weg würde ich nicht wählen, wenn ich an eurer Stelle wäre. Es sei denn, ich wollte meine Reise hier und jetzt beenden.“ ertönt eine völlig neue Stimme. Sie ist ruhig aber bestimmt und strahlt uralte Weisheit aus. Instinktiv eilen die beiden Gefährten auf den anderen Tunnel zu. Es ist der rechte und der letzte Weg hier unten in der Höhle der ihnen überzubleiben scheint.
„Auch diesen Weg würde ich nicht wählen, wenn ich an eurer Stelle wäre. Denn auch hier würde meine Reise hier und jetzt enden.“ Der nunmehr letzte Ausweg ist wohl das Loch in der Decke, durch welches die beiden Wanderer gestürzt waren, aber dieses scheint sich wie von selbst verschlossen zu haben. Doch es ist seltsamerweise nicht vollkommen dunkel in der Höhle.
Fridthjof sieht, wie Arex beide Zwillingsschwerter, welche sie bereits die ganze Zeit so fest umklammert hält, dass ihre Knöchel weiß hervortreten, fast vollständig hervorzieht. Und Arex sieht, wie auch Fridthjof sich auf eine Konfrontation vorzubereiten scheint, indem er mehrmals tief durchatmet und seine Kräfte zu sammeln scheint. Dann drehen sich beide Begleiter haargenau gleichzeitig um, als ob es so abgesprochen gewesen wäre und sie beide nur noch auf ein Zeichen gewartet hätten. Und nun stehen sie einer Gestalt gegenüber, die vorhin definitiv nicht dagewesen war und urplötzlich in der Mitte des Raumes steht.
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ArexSchatten
Das Licht in dem Raum war seltsam dumpf und so dauerte es etwas, bis Arex die Gestalt völlig erfasste, die dort regungslos vor ihnen stand und sie aus dunklen Augen anstarrte. Neben ihr erklang ein kurzer Ton aus Fridthjofs Kehle, der nur allzu sehr ihr eigenes Entsetzten wiederspiegelte. Wie aus einem Alptraum aus Kindheitszeiten stand es vor ihnen. Arex Vater hatte ihr oft von einem solchen Wesen erzählt – halb Mensch, halb Drachen und abgrundtief böse. Niemand hatte je eine Begegnung mit ihnen überlebt. Schon als kleines Kind, hatte sich Arex gefragt, woher man denn so genau über diese Wesen Bescheid wusste, wenn niemand eine Begegnung überlebt hatte. Es musste also Leute geben, die mit dem Leben davon gekommen waren. Aber diese Einsicht half ihr im Moment wenig. Vor ihr stand eine fast 2 Meter große lebende Echse. Sie mochte braun oder grün sein – das konnte man in dieser Umgebung nicht sagen. Aber es war auch nicht sonderlich wichtig. Viel auffallender war die Schnauze, in der messerscharfe Zähne blitzten und die krallenbewehrten Vorderläufe, die vor Aufregung zuckend sich schlossen und wieder öffneten, als wenn sie schon jetzt ihre Beute zerfleischten. Ein eiskalter Schauer lief Arex über den Rücken. Der starre Blick, dieses wahr gewordenen Alptraumes, wanderte stetig zwischen den beiden hin und her, bis er sich schließlich ganz auf Arex richtete. Der Blick war das schlimmste an dem Wesen, fand Arex. Er war durchdringend und bereitet fast körperliche Schmerzen. Arex wiederstand nur mit größter Mühe der Versuchung ihren Blick abzuwenden. Seltsamer Weise lag aber in dem Blick noch etwas, was Arex nicht verstand. Es war Hass – purer, blanker Hass, der sich auch in der Stimme niederschlug, als das Wesen wieder zu sprechen begann. „Nun – wofür entscheidet ihr euch – Drachenzüchterin?“ Die Frage war direkt an Arex gerichtet und verhies nichts Gutes. Das Wort Drachenzüchterin schien er regelrecht vor ihr auf den Boden spucken zu wollen. „Ihr kennt euch?“, fragte neben ihr leise ihr Begleiter, so leise dass selbst Arex Mühe hatte ihn zu verstehen. Kaum merklich schüttelte sie den Kopf. „Aber …“, hob Fridthjof wieder so leise an, als ihm ihr Gegenüber die ungestellte Frage schon beantwortete. „Ihr Gestank riecht man meilenweit, auch wenn sie die Sachen wechselt.“
Arex wurde langsam klar, dass sie hier nicht ohne einen Kampf herauskommen würden. Diese Gestalt aus ihren tiefsten Alpträumen, hatte etwas gegen sie und würde sie nicht so einfach nach einer netten Plauderei gehen lassen. Arex Gedanken rasten. Sie hatten nicht viel Zeit. Irgendwo dort draußen war Rouby vielleicht in Gefahr. Schlimmere Gedanken schob Arex von sich, aber einen kurzen Augenblick spiegelte ihre Sorge und Verzweiflung sich auf ihrem Gesicht wieder. Den Schmerz an diesen Gedanken schien das Drachenwesen ihr anzusehen. Setzte es aber in den völlig falschen Zusammenhang. Seine Stimme klang grausam: „Na, wird dir langsam klar, dass du diesen Ort nie lebendig verlassen wirst? Eure Reise ist hier zu Ende.“ Ein Weilchen geschah nichts. Es schien die Worte wirken zu lassen und genoss die Hilflosigkeit seiner vermeintlichen Opfer. Dann schoss es urpötzlich auf Arex zu und die messerscharfen Zähne schnappten da in die Luft, wo vor einem Augenblick noch Arex rechte Schulter gewesen war.
Fortsetzung in Roubys Profil ^^